Die Geschichte des Weihrauchs
Und der Herr sprach zu Moses: Nimm dir Duftstoffe, von jedem gleich viel,
und mache Räucherwerk daraus, ein Würzgemisch, wie es der Salbenmischer herstellt,
gesalzen, rein und heilig.
AT, Exodus 30: 34-35
Welche Duftpflanzen beflügeln die Phantasie der Menschen mehr als der legendäre Weihrauch und die sagenumwobene Myrrhe? Warum waren sie so beliebt? Lag es am köstlichen Duft der Harze oder an ihrem Wert als Fixativ - das dafür sorgte, daß der Duft einer Parfummischung länger haftet? Oder erforderten die starken Gerüche jener Zeiten wohlriechende Kräuter und Gewürze, um unangenehme Dünste zu kaschieren und Ungeziefer und Insekten fernzuhalten? Oder gar im magischen Ritus, Geister zu beschwören und Dämonen zu vertreiben?
Die Geschichte des Weihrauchs ist so lang wie die der Menschheit selbst.
Süß duftet der Rauch, der die Gebete zu den Göttern emporträgt. Er ist ein unverzichtbarer Bestandteil ritueller und religiöser Praktiken soweit man es zurückverfolgen kann. Völlig unabhängig von Land, Kultur und Herkunft.
Als die Menschen begannen das Feuer zu nutzen, entdeckten sie, daß bestimmte Rinden, Blätter, Blüten, Hölzer und Harze verschiedenartige Gerüche verbreiteten, wenn man sie ins Feuer warf.
Vieles weist darauf hin, daß im alten Ägypten, Priester und Heilkundige, circa 3100 v. Chr. Myrrhe und Weihrauch kannten und zum Einbalsamieren und Mumifizieren ihrer Toten benutzten. Sie waren Meister in der Zubereitung und Verwendung von Weihrauch. Beides hatten sie zu einer hohen Kunst entwickelt. Sie maßen manchen Weihraucharten einen so großen Wert bei, daß diese nur von Priestern in den Tempeln, zu ehren ihrer Götter, verbrannt werden durfte.
Der Sonnengott Ra, im ägyptischen Heliopolis, wurde dreimal täglich mit einem Weihrauchopfer verehrt: Bei Sonnenaufgang mit Olibanum, am Mittag mit Myrrhe und bei Sonnenuntergang mit Kyphi. Die berühmteste aller ägyptischen Weihrauchmischungen. Im Rahmen eines geheimen Rituals unter intonieren heiliger Texte wurden die Ingredenzien gemischt. Nach einem geheimen und besonderen Tempelritus erfolgte die Zubereitung dieser Räucherung. Kyphi beruhte auf die geheimisvolle Wirkung, daß ein Zustand der vollkommenen Harmonie erzeugt wurde. Traditionell wurde Kyphi auf folgende Weise zubereitet: In der Neumondnacht gab man eine Handvoll Weihrauchharz in einen irdenen Topf, bedeckte es mit Weißwein und ließ es fünf Tage in dem mit einem Deckel verschlossenen Topf stehen. Drei Nächte nach dem mazerieren des Gummiharzes fügte man folgende Kräuter in gleichen Teilen hinzu: Wachholderstrauch, Akazia, Kalmuswurzel und Henna. Dieses Gemisch wurde erneut in Weißwein mazeriert, und zwar ungefähr 16 Stunden lang. Bei Sonnenuntergang mischte man die folgenden Ingredienzen in gleichen Teilen: Kalmus, Mastix, Zimt, Pfefferminze, Schwertlilie (Iris), Lorbeer und Galangal. Anschließend wurde das Gemisch zu Pulver vermahlen und beiseite gestellt. Dann mischte man einen Eßlöffel pulverisierte Myrrrhe mit einem Eßlöffel Honig. Dies wurde zu dem Gummiharz und Kräutergemisch gegeben und zuletzt fügte man pulverisierte Kräuter hinzu. Zum trocknen ausgebreitet über einen längeren Zeitraum und schließlich in kostbarste Gefäße abgefüllt.
Ungefähr 1300 v.Chr. wurden stetig große Mengen von Olibanum, Myrrhe und anderen Kostbarkeiten mit Karawanen in den Rest der damals bekannten Welt transportiert. Durch den Handel mit Weihrauch (Olibanum), Myrrhe, Styrax, Zimt, Galbanum und kostbaren Gewürzen entstand eine Handelsroute, die mit einer Länge von circa 2500 km (von Oman über Jemen, Saudi-Arabien-Babylon bis zu den Pyramiden Gizeh) mindestens genauso bedeutsam war wie die Seidenstrasse (von China über Persien nach Rom). Der ständige Strom solcher Verkehrsadern hatte nicht nur wirtschaftliche Bedeutung sondern förderte auch die Verbreitung spiritueller und weltlicher Ideen.
Abb.Weihrauch und Myrrhe - Wanda Sellar/Martin Watt
Quelle/Weiterführende Literatur: Heilkräuter der Antike - Christian Rätsch
Weihrauch & Räucherwerk - Marianne & Patrick Caland
Weihrauch und Myrrhe - Wanda Sellar/ Martin Watt